Premiere des Dokumentarfilms „Die Unbeugsamen“ in München


Im Rahmen der Wanderausstellung „Das deutsche Wolgagebiet. Eine unvollendete Fotogeschichte“ im Haus des Deutschen Ostens in München fand die Premiere des Dokumentarfilms über die Trudarmisten „Die Unbeugsamen“ statt.

„Die Unbeugsamen“ ist die deutsche Version vom Film „Несломленные. 75-летию трудармии посвящается“, dessen Premiere am 25. August 2018 in Bogoroditsk stattfand und dem Tag der Erinnerung und der Trauer der Russlanddeutschen, dem Tag der Stadt Bogoroditsk und dem Tag der Bergarbeiter gewidmet war. Damals sind über 150 Russlanddeutsche aus den zentralen und nordwestlichen Regionen Russlands zur Premiere gekommen.

Im Film werden die Erinnerungen der Trudarmisten unter den Russlanddeutschen und ihrer Kinder gezeigt, die zusammen mit ihren Eltern das bittere Schicksal des Exils teilten. Bogoroditsk, Nowomoskowsk, Donskoi, Uslowaja des Gebietes Tula und Skopin des Gebietes Rjasan – all dies sind die Städte, in denen sich während des Großen Vaterländischen Krieges die Bergwerke der Kohlegruben in der Umgebung Moskau befanden. Im Winter 1942 entstanden hier Sondersiedlungen, in denen verfolgte Russlanddeutsche unter Gefängnisbedingungen lebten und an der Wiederherstellung der Bergwerke arbeiteten.

Die Mitarbeiter des Schlossmuseums in Bogoroditsk und des Parks der Staatlichen Institution des Gebietes Tula „Verein Museum für Geschichte, Heimatkunde und Kunst“ und der städtisch finanzierten Kunsteinrichtung „Verein Museum für Kunstgeschichte in Nowomoskowsk“ äußerten erschreckende Tatsachen über das Leben der Menschen, die in den Bergwerken arbeiteten. Der ganze Wert der Trudarmisten bestand nur darin, dass sie Muskelkraft besaßen. Im Museum von Bogoroditsk findet man das Protokoll der Sitzung des Towarkowskij-Stadtkomitees der Kommunistischen Allunions-Partei (Bolschewiki) (WKP(B)) vom 1. April 1943. Das Zitat des Leiters der Bezirksdienststelle des Volkskommissariats für innere Angelegenheiten (НКВД) lautet wie folgt: „Man darf die Zwangsarbeiter nicht unmenschlich behandeln. Wir müssen in erster Linie ihr Leben retten und ihre Kraft entziehen, um die Herstellung der Produkte sicherzustellen.“

Die Filmheldin Maria Seifert erinnert sich daran, wie sie betteln musste, damit sie und ihre Schwestern überlebten. Ihre Eltern wurden aufgefordert in der Arbeitsarmee zu dienen und sie selbst war noch ein Kind und blieb bei Fremden in einem sehr kleinen Dorf in Sibirien, wohin sie aus dem Wolgagebiet verbannt wurde. Anna Denk erzählt, wie sie als 18-jähriges Mädchen in der Arbeitsarmee tonnenschwere Rohre verladen musste. Walerij Grasimk, Sohn des Trudarmisten Karl Grasimk, erkundete akribisch die Geschichte seiner Vorfahren seit Juli 1767, als diese in das Wolgagebiet verbannt wurden.

In diesem Film wurde zum ersten Mal ein einzigartiges historisches Dokument veröffentlicht – die Tagebücher des Trudarmisten Andrej Spanagel, die im Familienarchiv seiner Tochter Nina Nestjorkina (Spanagel) aufbewahrt werden. Auf den vergilbten Blättern dieser Tagebücher sind Andrej Spanagels Eindrücke aus den Tagen harter Arbeit und eine rührende Liebesgeschichte, in der er seine künftige Ehefrau erwähnt, festgehalten. Er steckte viel Gefühl in die Zeilen. Verfolgt wurde er nur wegen seiner Nationalität und für das totalitäre Regime war er überflüssig.

„Wenn man darüber nachdenkt, ist das kein Leben! Das ist Geschichte“, ruft der Filmheld Fjodor Fritz aus, ein Trudarmist, der in den Bergwerken der Region Towarkowskij des Gebietes Tula als Sprengmeister gearbeitet hat. Leider ist er noch vor der Premiere verstorben. Seine Tochter erzählte, dass er oft nach den Personen fragte, die den Film drehten.

„Der Film erinnert an die tragischen Seiten der Geschichte Russlands, zeugt von der Widerstandsfähigkeit der Russlanddeutschen, die, nachdem sie Vergessenheit und Not erlebt hatten, einen unschätzbaren Beitrag zur Wiederherstellung und Entwicklung des Staates geleistet haben“, sagt Olga Martens, erste stellvertretende Vorsitzende des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur. – „Die Jugendlichen müssen ihre Geschichte kennen, egal wie dramatisch sie auch sein mag. Denn Wissen ist wertvoll, weil es daran erinnert, wie zerbrechlich die Welt ist und wie wichtig heute starke, freundliche Beziehungen zwischen den Völkern sind.“

„Die deutschsprachige Version des Films ‚Die Unbeugsamen‘ ist eine Gelegenheit, für die Nachkommen die wahre Geschichte über das Leben der Russlanddeutschen in den Sondersiedlungen zu bewahren. Eine Geschichte, über die man noch vor kurzem unmöglich zu sprechen war“, so die Projektleiterin, die stellvertretende Vorsitzende des Zwischenkoordinationsrates der Begegnungszentren der Russlanddeutschen für Sozialarbeit der zentralen und nordwestlichen Region Russlands Natalia Dempke. – „Viele Russlanddeutsche, die die Zwangsarbeit bestanden haben oder in einer Sonderansiedlung geboren wurden, sind nach Deutschland umgezogen. Für uns war es sehr wichtig, ihre Geschichte für die in der BRD lebenden Nachkommen zu bewahren, denn die Generation der Enkel und Urenkel beherrscht fast keine russische Sprache mehr.

Der Dokumentarfilm ‚Die Unbeugsamen‘ ist nicht nur eine Übersetzung des russischsprachigen Materials. Dies ist eine neue Version des Filmes in deutscher Sprache. Dem Film wurde ein sehr rührendes Gedicht hinzugefügt, das auf Plattdeutsch gedichtet und im Filmrahmen von einer der Filmheldinnen Maria Seifert vorgetragen wurde. Sie erzählt mit Nostalgie in poetischen Zeilen von ihrer lieben Heimat an der Wolga.

Darüber hinaus haben wir die deutschsprachige Version mit einzigartigen Fotos über das Vorkriegsleben in der Wolga-Region ergänzt. Auf den Bildern sind glückliche Gesichter von Arbeitern und Kolchosbauern. Sie zeigen in aller Pracht und Fülle die Früchte ihrer Arbeit auf landwirtschaftlichen und industriellen Ausstellungen. Von den Fotos lächeln uns die spitzbübische Kinder im Kindergarten, in der Schule und im Pionierlager an. Sie sind satt, gut gekleidet und von der Liebe und Fürsorge der Eltern geheizt. Und daraus wird in der deutschsprachigen Version der Kontrast zwischen dem glücklichen, gemessenen, wohlhabenden, ‚bürgerlich-sowjetischen‘, ich würde so sagen, Leben im Wolga-Gebiet und der unmenschlichen Existenz der Zwangsarbeit hinter Stacheldraht schriller.“

Elektronische Kopien dieser Fotos aus der Vorkriegszeit des Wolgagebietes wurden von dem Museum für Heimatkunde des Gebietes Saratow, dem Museum für Heimatkunde in Marx – Zweigstelle des Museums für Heimatkunde des Gebietes Saratow, dem Museum für Heimatkunde in Engels und dem Staatlichen Geschichtsarchiv der Wolgadeutschen gestiftet.

Der Dokumentarfilm „Die Unbeugsamen“ wurde mit Unterstützung des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur im Rahmen des Unterstützungsprogramms für Russlanddeutsche in der Russischen Föderation geschaffen.


Die Wanderausstellung „Das deutsche Wolgagebiet. Eine unvollendete Fotogeschichte“ ist bis zum 8. Juni im Haus des Deutschen Ostens in München geöffnet.

Die Ausstellung ist dem 100-jährigen Jubiläum der Deutschen Autonomen Sowjetrepublik an der Wolga gewidmet und ist für alle Besucher kostenlos (eine Voranmeldung ist erforderlich).

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